Der WWF Bodenreport 2021 zeigt den dramatischen Flächenverbrauch in Österreich auf. Fast ein Fünftel der bewohnbaren oder landwirtschaftlich geeigneten Fläche Österreichs ist laut Bericht bereits verbaut – insgesamt 572.900 Hektar, was circa der halben Fläche von Oberösterreich entspricht. Allein im Jahr 2019 wurden insgesamt rund 4.800 Hektar verbraucht – also im Schnitt rund 13 Hektar pro Tag oder knapp einem Fußballplatz pro Stunde. Der Flächennutzung steigt mehr als doppelt so schnell wie die Bevölkerung: in den vergangenen 19 Jahren ist der Bodenverbrauch um 27 Prozent gestiegen, die Bevölkerung aber nur um 10,4 Prozent. Die Fachleute der Statistik Austria bewerten daher die Entwicklung des Schlüsselindikators Bodenverbrauch als „langfristig eindeutig negativ“.
„Bodenschutz ist Klimaschutz. Der Flächenfraß muss also dringend gestoppt werden. Denn unser Boden ist die entscheidende ökologische Ressource, wenn es um den Klima- und Artenschutz, aber auch um die Klimaanpassung geht. Boden ist kein reproduzierbarer Artikel, der allein dem Markt überlassen werden kann. Ohne einen echten Paradigmen-wechsel in der Bodenpolitik sind unsere Lebensgrundlagen in Gefahr. Unser Fachsymposium soll die Auswirkungen der derzeitigen Bodennutzung aber auch Lösungsansätze aufzeigen“, so Umwelt- und Naturschutzreferentin Stadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
Die Folgen des ungebremsten Flächenverbrauchs werden immer deutlicher. Durch die zunehmende Versiegelung entstehen in unseren Städten Hitzeinseln und auch die heimische Tier- und Pflanzenwelt gerät durch die Flächeninanspruchnahme immer stärker unter Druck. Beim Symposium Boden.Leben.Klima steht der Bodenverbrauch im Fokus. In Impulsvorträgen zeigen und diskutieren sechs Referentinnen und Referenten dessen Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt:
Wir brauchen den Boden zum Leben wie die Luft zum Atmen. Generell ist der Boden ein Wunderwerk. So ist er auch essentiell für eine ausreichende Produktion von Lebensmitteln. Das hat gerade die Corona-Pandemie gezeigt, wo es vielerorts zu leeren Supermarktregalen gekommen ist. Wir sind aber beim Bodenverbrauch Europameister im negativen Sinn. Daher müssen wir den gegenwärtigen Bodenverbrauch dringend reduzieren, damit wir unseren Kindern nicht die Zukunft verbauen.
Es mutet absurd an: Städte sind alles andere als artenarm! Aufgrund ihrer Vielzahl an speziellen Lebensräumen, Nutzungen und Nutzungsintensitäten finden in Ballungsräumen oft mehr Tier- und Pflanzenarten günstige Lebensbedingungen, als in vielen intensiv genutzten Gebieten in der freien Landschaft. Der Vortrag geht auf die ökologischen Unterschiede zwischen Stadt und Land ein, gibt einen Überblick über die vielfältigen Funktionen von Stadtnatur und zeigt anhand vieler Bilder die spezifische Situation, die es in der Stadt Linz zu entdecken gibt.
Biodiversität, das ist Vielfalt von Arten, Genen und Lebensräumen. Österreich ist durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Ökosysteme auf engstem Raum ein Hotspot dieser biologischen Vielfalt.
Doch die Vielfalt schwindet – weltweit und auch in Österreich. Eine Million Arten sind weltweit vom Aussterben bedroht. Und auch bei uns wird die Rote Liste gefährdeter Lebensräume und der dort vorkommenden Arten immer länger. Seit 1998 ist ein Drittel der Vögel in unserer Kulturlandschaft verschwunden, mehr als die Hälfte der heimischen Schmetterlinge sind gefährdet, genauso wie rund 40 Prozent der heimischen Farn- und Blütenpflanzen. Besonders betroffen sind die Insekten: Ihre Bestände sind in den letzten 30 Jahren um rund 80 Prozent zurückgegangen, schätzen Expertinnen und Experten.
Die Gründe für den Verlust an Vielfalt sind fast durchwegs menschengemacht: Wir übernutzen unsere Ressourcen, nehmen immer mehr Flächen in Anspruch, beeinträchtigen und zerstören Lebensräume. Der vom Menschen verursachte Klimawandel tut sein Übriges. Das gefährdet aber auch die Lebensgrundlage der Menschen und den Nutzen biologischer Vielfalt für jede Einzelne und jeden Einzelnen. Denn ist die biologische Vielfalt erst einmal verloren, lässt sie sich nicht wiederherstellen.
Linz beheimatet trotz seiner zum Teil sehr dichten Verbauung und der großen Industrieanlagen eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. Einige Arten wie die Wechselkröte sind sogar auf regelmäßige Störungen in ihrem Lebensraum angewiesen und daher fast ausschließlich im Industriegebiet zu finden. Der Großteil der Linzer Stadtnatur ist jedoch im ausgedehnten Grüngürtel, in den Stadtwäldern und im Europaschutzgebiet Traun-Donau-Auen zuhause. Hier lassen sich noch seltene Vogelarten wie der Eisvogel oder der Drosselrohrsänger beobachten. Doch auch diese Naturoasen geraten zunehmend unter Druck und der rapide Artenschwund macht sich hier ebenso bemerkbar. Um dem entgegen zu wirken, müssen diese Grünräume erhalten und mit gezielten Maßnahmen gefördert werden. Naturschutz ist Bodenschutz ist Klimaschutz!
Gesunder Boden ist eine zentrale Voraussetzung für den Erhalt der Biodiversität. Österreich hat sich als Vertragspartei des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt dazu verpflichtet die Biodiversität zu schützen und ihre verschiedenen Komponenten nachhaltig zu nutzen. Die konkreten Ziele und Maßnahmen dafür sollen in einer nationalen Biodiversitäts-Strategie festgelegt werden. Zur Unterstützung der Umsetzung der neuen Strategie wird ein Biodiversitätsfonds eingerichtet.
Die Auswirkungen der menschengemachten Klimaveränderung sind auch in Linz deutlich erkennbar – höhere Durchschnittstemperaturen, mehr Hitzetage und Tropennächte, sowie längere und häufiger auftretende Hitzewellen. Dabei stehen Wetter und Klima in einem Wechselspiel mit dem Boden und beeinflussen sich gegenseitig. Ein wärmeres Klima trägt zum Beispiel zum Auftauen von Permafrostböden bei, im Zuge dessen Treibhausgase freigesetzt werden. Diese befeuern wieder den Klimawandel, welcher durch eine Zunahme von Starkregenereignissen zu verstärkter Bodenerosion führen kann. Auch kann die Art und Beschaffenheit des Bodens in der Stadt die Folgen des Klimawandels lindern. Andererseits sind aber auch Verstärkungen möglich, zum Beispiel durch eine übermäßige Versiegelung von Flächen. Der Vortrag bietet einen Überblick über die verschiedenen Aspekte dieses Zusammenspiels.
Im Rahmen des Symposiums wird auch die Ausstellung zur Linzer Stadtklimaanalyse im Foyer des Wissensturms eröffnet. Diese ist dann ab 3. September im Wissensturm zu sehen.
Das Symposium „Boden.Leben.Klima“ findet am 3. September von 13 Uhr bis 19 Uhr im Wissensturm (Saal E.09) statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Für den Besuch der Veranstaltung im Wissensturm ist eine Anmeldung und ein 3-G-Nachweis (siehe aktuelle Covid-19-Regelung der VHS Linz) notwendig. Das Symposium wird von Dorf TV auch online live übertragen. Moderiert wird die Veranstaltung von Mag.a Gerlinde Larndorfer, Bodenbündnis in Oberösterreich, und Rainer Rathmayr, MA, Volkshochschule Linz.