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Donnerstag, 20. Juni 2024

Schutzschirm über dem Grüngürtel aufspannen

Grünlanddeklaration nach Salzburger Vorbild ausarbeiten

Der Grüngürtel um Linz ist gemeinsam mit den innerstädtischen Parkanlagen und den Bäumen in unserer Stadt unser größter Schatz im Kampf gegen die Auswirkungen der Klimakrise. Mit diesem Schatz müssen wir daher entsprechend behutsam umgehen, ihn schützen und bewahren. Im Stadtteil Dornach-Auhof bei der Johannes-Kepler-Universität ist jedoch das Gegenteil geplant. Unter dem Titel „Dynamischer Masterplan Linz Nord-Ost“ soll die Ansiedlung der Digital-Uni (IT:U) zum Anlass genommen werden, um auch Betriebsansiedelungen zu ermöglichen. Insgesamt sollen bis zu 100.000 (!) Quadratmeter neues Bauland gewidmet werden. Konkret präsentiert worden ist mittlerweile auch das Siegerprojekt für die IT:U im Grüngürtel, die an einem bereits versiegelten Standort in der Innenstadt, z.B. in der Post City, viel besser aufgehoben wäre.

„Der Grüngürtel bei der JKU spielt für die Kühlung und Durchlüftung des Stadtteiles und somit für die Lebensqualität der Menschen eine wesentliche Rolle. Wenn hier Verbauungen stattfinden, kommt es zu Verschlechterungen für den Stadtteil. Wir wissen, dass wir immer mehr mit steigender Hitze zu kämpfen haben. Wir dürfen es uns einfach nicht mehr erlauben, hier weitere Verschlechterungen in Kauf zu nehmen“, macht die Linzer Klimastadträtin Eva Schobesberger die Auswirkungen deutlich.

Dementsprechend stoßen die Pläne auf großen Widerstand in der Bevölkerung. Das haben die vergangenen Wochen deutlich gezeigt. Immer mehr Menschen stehen auf und zeigen, dass sie mit dem Vorhaben nicht einverstanden sind. Mittlerweile hat sich die Bürger:innen-Initiative „Retten wir den Grüngürtel“ formiert, die seit Wochen auf den Straßen unterwegs ist, um Unterschriften für den Schutz des Grüngürtels zu sammeln und vor kurzem mit einer Menschenkette um das Alte Rathaus ihren Protest kundgetan hat. 

Die Bedeutung des Grüngürtels für das Stadtklima

Dass der Grüngürtel bei der JKU für das Stadtklima eine ganz besondere Bedeutung hat, in dem er für die Kühlung und Durchlüftung des Stadtteils sorgt, darüber lassen die Fakten keinen Zweifel aufkommen. Dennoch wird allen stadtklimatologischen, wasserbautechnischen und naturschutzfachlichen Bedenken zum Trotz an den Umwidmungsplänen festgehalten. „Das ist völlig unverständlich. Der Grüngürtel bei der JKU erfüllt eine besonders wichtige Funktion: Er sorgt für die Kühlung und Durchlüftung des gesamten Stadtteils. Wenn man also hier Eingriffe macht, kommt es zwangsweise zu einer Verschlechterung der klimatologischen Situation für diesen Stadtteil. Je nach Ausmaß und Ausgestaltung der Eingriffe ist die Verschlechterung größer oder weniger groß. Eine Verschlechterung ist es in jedem Fall“, ruft Schobesberger in Erinnerung.

Welchen bedeutenden Unterschied eine funktionierende Kühlung und Durchlüftung ausmacht, hat der vergangene Sommer deutlich gezeigt. Während in grünen Stadtteilen wie in Dornach oder in Ebelsberg fünf Tropennächte gemessen wurden, waren es im dichtverbauten Innenstadtbereich bei der Herz-Jesu-Kirche 19 Nächte, bei denen die Temperatur nicht unter 20 Grad gesunken ist.

Wie wichtig der Grüngürtel aus naturschutzfachlicher Sicht sowie für die Kulturlandschaft und die Naherholung ist, macht auch Friedrich Schwarz, stellvertretender Obmann des Naturschutzbundes OÖ sowie ehemaliger Leiter der Naturkundlichen Station, deutlich. „Untersuchungen haben ergeben, dass der Linzer Grüngürtel besonders artenreich ist. Das ist ein positiver Effekt für die Stadtökologie, der unbedingt erhalten bleiben muss und nicht durch das aktuelle Vorhaben gefährdet werden darf“, betont Schwarz.

Gleichzeitig verweist der Experte auf das bedeutende Landschaftsbild mit Blick in die Hügel Richtung Mühlviertel und die bäuerlich geprägte, reich strukturierte Kulturlandschaft, die vor allem den Grüngürtel im Norden der Stadt – sprich bei der JKU – kennzeichnen. Zusätzlich spielen die zusammenhängenden Grünflächen eine große Rolle als Naherholungsgebiet und somit für die Lebensqualität der Menschen in- und außerhalb des Stadtteiles. „Alleine diese Beispiele zeigen, wie wertvoll der Grüngürtel ist und dass daher alles getan werden muss, die Umwidmung und Verbauung zu verhindern“, betont Schwarz, der auch Mitglied der vor kurzem gegründeten Bürger:innen-Initiative ist. 

Die Grünlanddeklaration nach Salzburger Vorbild

Angesichts der enormen Bedeutung für das Stadtklima ist es dringend notwendig, einen Schutzschirm über dem Linzer Grüngürtel aufzuspannen und dadurch einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Grünflächen sicherzustellen. Gelingen soll dies mit der Erstellung einer eigenen Linzer „Grünlanddeklaration“, die wir mit einem Antrag nach Salzburger Vorbild, in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 27. Juni, zum Thema machen.  „Diese Deklaration soll ein Werkzeug sein, um besonders bedeutende Grünflächen dauerhaft vor Umwidmungen und Verbauungen zu schützen und das Bewusstsein für den sensiblen Umgang mit den Grünflächen in unserer Stadt zu stärken“, macht Schobesberger deutlich. 

Deshalb sieht unser Antrag vor, dass Planungsstadtrat Dietmar Prammer gemeinsam mit den Mitgliedern seines Ausschusses sowie internen und externen Expert:innen aus den Bereichen Planung, Klimatologie und Naturschutz, einen Selbstbindungsbeschluss ausarbeitet. Ziel ist es, besonders bedeutende Grünflächen zu definieren und für diese Flächen auch besondere Schutzmaßnahmen auszuarbeiten. Teil dieses Erarbeitungsprozesses soll eine umfassende Bürger:innen-Beteiligung sein, ehe das Ergebnis dann dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll.

Vorbild ist dabei die Stadt Salzburg, die beim Schutz des Grüngürtels schon vor vielen Jahren mit gutem Beispiel vorangegangen ist. Im Rahmen eines Expert:innengremiums ist die Deklaration „Geschütztes Grünland“ ausgearbeitet worden, die bereits 1985 als „heiliger Schwur“ des Gemeinderates beschlossen worden ist. Damit hat sich das Salzburger Stadtparlament verpflichtet, dass in der darin umfassten Zone keine Maßnahmen getroffen werden, die dem Ziel das dortige Grünland zu schützen, widersprechen. Im Laufe der Jahre sind die Deklarationsflächen auch verändert und in das Räumliche Entwicklungskonzept der Mozartstadt integriert worden. Mittlerweile ist die Deklaration auch im Salzburger Stadtrecht verankert.

 Wesentliche Ziele der Salzburger Grünlanddeklaration sind insbesondere

  • der Schutz noch bestehender größerer zusammenhängender Frei- und Landschaftsräume
  • die Sicherung des Fortbestandes der Landwirtschaft durch Flächenfreihaltung
  • die Erhaltung von Naherholungsgebieten und schützenswerten innerstädtischen Freiflächen

 Wie groß der Schutz der Grünflächen in Salzburg durch die Maßnahmen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte geworden ist, zeigt sich an folgenden Bestimmungen: Die von der Deklaration umfassten Grünflächen dürfen etwa nur dann umgewidmet werden, wenn im Gemeinderat eine Dreiviertel-Mehrheit dafür ist, ein öffentliches Interesse besteht und weitestgehend gleichwertiger Flächenersatz hergestellt werden kann. Ist Letzteres nicht möglich, muss eine verpflichtende Bürger:innen-Befragung durchgeführt werden.

„Dieses Bekenntnis zum Schutz der Grünflächen ist beispielgebend und sollte auch in unserer Stadt als Vorbild für den verantwortungsvollen Umgang mit dem Linzer Grüngürtel dienen. Den Grüngürtel zu verbauen, wäre ein historischer Fehler, der nicht wieder gut zu machen ist und den Generationen nach uns ausbaden müssen“, plädiert Schobesberger für einen umfassenden Schutz des Grüngürtels.   

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