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Donnerstag, 9. November 2023

30 Jahre gelebte Partnerschaft am Rio Negro

Regenwald so groß wie eineinhalb Mal Österreich geschützt

Seit mittlerweile 30 Jahren leistet die Partnerschaft zwischen dem Klimabündnis Österreich und der FOIRN, dem Dachverband der indigenen Organisationen am Rio Negro, einen wichtigen Beitrag zur Klimagerechtigkeit, zum Schutz des Regenwaldes und des Weltklimas. Mit Unterstützung der Klimabündnis Gemeinden und Städte wurde eine Fläche von 135.00 Quadratkilometer – das entspricht eineinhalbmal der Fläche von Österreich – als indigenes Siedlungsgebiet anerkannt und auf diese Weise nachhaltig vor Zerstörung und Ausbeutung geschützt. Klimabündnis und FOIRN werden die gemeinsame Erfolgsgeschichte fortführen, damit der Rio Negro als grüne Lunge und Lebensraum erhalten bleibt. 

Im Jahr 1993 ist das Klimabündnis Österreich eine Partnerschaft mit der FOIRN (Federação das Organizações Indígenas do Rio Negro), dem Dachverband der indigenen Organisationen am Rio Negro, eingegangen und unterstützt sie direkt und indirekt in dreierlei Weise – ideell, politisch und finanziell. Seither leisten österreichische Klimabündnis Gemeinden und Städte einen Beitrag, um die Landrechte in der Region gegen illegalen Goldabbau und andere Bedrohungen abzusichern. Damit wird der Regenwald am Rio Negro als grüne Lunge und Lebensraum für uns alle erhalten.

„Die Stadt Linz hat sich bereits 1991 dem Klimabündnis Oberösterreich angeschlossen und leistet damit neben lokalen Klimaschutzmaßnahmen auch bereits über 30 Jahre einen wichtigen Beitrag für die globale Klimagerechtigkeit“, so Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger, Mitglied im Vorstand des Klimabündnis International sowie Oberösterreich. 

Gemeinsame Erfolge

„Ziel der Partnerschaft war es nie, Regenwaldflächen freizukaufen, sondern die indigene Bevölkerung selbst dabei zu unterstützen, ihre Landrechte zu sichern. Das ist gelungen: Inzwischen ist der Obere und Mittlere Rio Negro gemeinsam mit den angrenzenden Gebieten das größte zusammenhängende und nachgewiesen intakte Regenwaldgebiet Brasiliens. Eine Fläche von 135.00 Quadratkilometer, so groß wie Österreich und die Slowakei zusammen, konnte als indigenes Siedlungsgebiet langfristig geschützt und damit dem Raubbau von Ressourcen Einhalt geboten werden“, so Norbert Rainer, Geschäftsführer des Klimabündnis Österreich und Oberösterreich.

Bei bisher 22 Delegations-Besuchen indigener Vertreter:innen in Österreich sowie österreichischer Gemeinden am Rio Negro wurden starke Bande geknüpft und persönliche Begegnungen mit nachhaltigen Folgen für die Arbeit dort wie hier ermöglicht. Gemeinsam mit Andreas Drack, dem Klimaschutzbeauftragten des Landes OÖ, hat auch Norbert Rainer den Rio Negro bereits als Delegierter vor Ort besucht. Beide konnten sich ein Bild von den gemeinsamen Erfolgen machen: „Spannend ist, wie das Traditionelle und Moderne zusammenwirken, um eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Hierzu entscheidet die Region selbst. Auch die Langfristigkeit der Partnerschaft ist ein Unterscheidungsmerkmal zur klassischen staatlichen Entwicklungspolitik und damit ein best practise Beispiel für die im Pariser Übereinkommen vorgesehenen Unterstützungen unter ‚Internationaler Klimafinanzierung‘“, betont Drack.

„Die internationale Partnerschaft ermöglicht es Indigenen Völkern, ihre Rechte zu verteidigen und sich auf politischer Ebene einzubringen. Indigenes demarkiertes Land ist der beste Schutz vor Abholzung, illegaler Goldsuche, Minenraubbau, Monokulturen, Gewalt. Weltweit stellen indigene Völker nur fünf Prozent der Gesamtbevölkerung, aber in ihren Gebieten sichern sie 83  Prozent der gesamten Artenvielfalt“, so Schobesberger. 

„Auch nach 30 Jahren ist es heute wichtiger denn je, die Werte, welche hinter dieser Partnerschaft stehen, mit Leben zu füllen: Dass wir die Klimakrise nur lösen können, wenn wir alle an einem Strang ziehen und lokale Antworten auf globale Probleme in die Tat umsetzen“, betont Brigitte Drabeck, Geschäftsführerin des Klimabündnis Salzburg und Mitglied des Amazonien Beirats im Klimabündnis. 

Die Schwerpunktthemen der Partnerschaft umfassen: 

  • Schutz und Verteidigung des anerkannten indigenen Gebiets von 135.000 Quadratkilometer
  • Institutionelle Stärkung der FOIRN als Interessensvertretung der indigenen Organisationen vom Rio Negro
  • Ausbau erneuerbarer Energien zur verbesserten Kommunikation und Gebietsüberwachung, u.a. durch solarbetriebenen Funk & Internet
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung, Erhalt & Stärkung indigener Sprachen
  • Stärkung indigener Frauen- und Jugendgruppen
  • Umweltmonitoring und Aufwertung des traditionellen Wissens und der Landwirtschaft
  • Etablierung alternativer, nachhaltiger Wirtschaftskonzepte sowie die Schaffung nachhaltiger Einkommensmöglichkeiten für die Menschen über den eigenständigen Vertrieb von Produkten aus dem regionalen Kunsthandwerk, traditionelle Landwirtschaft uvm.

Klima verbündet – die Entstehung einer Partnerschaft

Die gemeinsame Reise begann an einem kühlen Oktobertag im Jahr 1993. Marcinda Miranda da Silva und Bràz Franca kamen vom Rio Negro im Nordwesten Brasiliens und besuchten erstmals Österreich. Sie kamen in offizieller Mission als Vertreter:innen der FOIRN, dem Dachverband der indigenen Organisationen am Rio Negro. Ihr Ziel: Bürgermeister*innen österreichischer Gemeinden vom Leben im Amazonas zu erzählen. Davon, wie wichtig der Regenwald für das globale Klima, aber auch als Lebensraum für unzählige Menschen ist. Marcinda Miranda da Silva und Bràz Franca fuhren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch ganz Österreich, um die Menschen wachzurütteln: „Wir schützen für euch den Regenwald. Aber eure Wirtschaftsweise sieht unseren Lebensraum nur als Rohstoffquelle!“ Die beiden nahmen große Anstrengungen auf sich, um die Österreicher:innen über ihre Lebensweise zu informieren. Sie erzählten beeindruckend über ihre Heimat, den Regenwald im Nordwesten Brasiliens. Die Region, aus der die beiden stammten, ist das Rio Negro Becken, das weltweit größte Schwarzwasserflussbecken. Welche wichtige Rolle es für die globale Artenvielfalt hat, wird anhand ein paar Zahlen rasch klar: Es umfasst 700 Nebenflüsse, 8.000 Bäche, 500 Seen und 118 Landschaftstypen. Bis heute sind dort 99,9  Prozent des Regenwaldes intakt.

Die österreichischen Klimabündnis-Mitglieder unterstützen die FOIRN ideell, politisch und finanziell. Anfangs stand die politische Ebene im Vordergrund. Gemeinsam gelang es, den Dachverband indigener Organisationen am Rio Negro zu einer starken Vertretung der Völker in Amazonien auszubauen. „Mit österreichischer Hilfe wurde zunächst in die Infrastruktur investiert: Gemeinschaftsboote angeschafft, Solaranlagen für das Sprechfunknetz installiert und ein Vereinsbüro eingerichtet“, so Drabeck. 

Mit den Jahren wurde die FOIRN von der brasilianischen Regierung zunehmend als Verhandlungspartnerin akzeptiert. Heute stellt sie die wichtigste und am besten organisierte Indigenen-Vertretung ganz Brasiliens dar und hat sogar einige Vertreter:innen ins unter Präsident Lula 2023 neu eingerichtete Ministerium für Indigene entsandt.

„Inzwischen ist die 30-jährige Partnerschaft eine international anerkannte Erfolgsgeschichte. Seither setzen sich im Klimabündnis auf beiden Seiten der Erde Menschen für den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes und gegen die Klimakrise ein“, freut sich Schobesberger .

In Österreich ist das Klimaschutz-Netzwerk kontinuierlich gewachsen und zählt mittlerweile über 1.100 Klimabündnis-Gemeinden, 1.600 Klimabündnis-Betriebe und fast 900 Klimabündnis-Bildungseinrichtungen. Mit an Bord sind auch alle neun Bundesländer und alle Landeshauptstädte. Unverändert blieb die Grundidee: „global denken, lokal handeln“, so Rainer. 

In Memoriam: Johann Kandler, der Wegbereiter

Immens wichtig für die Klimabündnis-Partnerschaft mit dem Rio Negro war Johann Kandler. Der gebürtige niederösterreichische Landwirt ging 1972 als Entwicklungshelfer nach Brasilien. Dort wurde ihm schnell bewusst, dass er mehr von den Menschen vor Ort lernen konnte, als sie von ihm. In den 20 Jahren, die er mit seiner Frau und seinen Kindern in Brasilien lebte, wurde er ein großer Freund der Indigenen Völker und deren Lebensweise. Von 1972 bis 1992 kämpfte er gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung für den Erhalt des Regenwalds.

Er war auch Mitbegründer der „Comissão Pastoral da Terra (CPT), die später den alternativen Nobelpreis erhielt. Sein Wissen und seine Erfahrung waren der Humus, auf dem die Klimabündnis-Partnerschaft mit der FOIRN in Österreich gedeihen konnte. Wie kein anderer hat der im Dezember 2021 verstorbene Amazonas-Experte die Zusammenarbeit gelebt und maßgeblich gestaltet. Er leitete zahlreiche Delegationsreisen an den Rio Negro oder von dort nach Österreich. Sein Wissen teilte er in vielen Vorträgen. „Er war ein Sprachrohr für uns,“ so der Vorsitzende der FOIRN, Marivelton Barroso: „Dank der Unterstützung durch das Klimabündnis wurde die FOIRN zu einer bedeutenden Regionalvertretung indigener Organisationen im Amazonasgebiet.“ 

Klimawandel als Herausforderung im Amazonas

Immer häufiger kommt es zu extremen Dürren oder noch nie dagewesenen Hochständen in den Flüssen, die häufig mit Überschwemmungen der Felder einhergehen und Bäuer:innen dazu zwingen, ihre Ernte auf Booten oder tauchend einzuholen. Sehr oft gilt ein Großteil des Ertrages jedoch als verloren, und zwar nicht nur für das heurige Jahr – auch die Samen für das nächste Jahr fehlen. Für Menschen, die sich hauptsächlich aus der sie umgebenden Natur versorgen und ernähren, ist das ein großer Schock. Eine weitere Bedrohung für die Menschen in der Region stellen nach wie vor Bestrebungen dar, durch Schürfansuchen den Regenwald wirtschaftlich zu nutzen. Das Quecksilber, das für die Gold- und Mineralgewinnung genutzt wird, landet letztlich in den Flüssen und vergiftet dort die Fische, die den Menschen als Hauptproteinquelle dienen. Doch die Bevölkerung wehrt sich dagegen und hat heute – nicht zuletzt dank jahrzehntelanger Unterstützung durch das Klimabündnis sowie das Instituto Socioambiental – mehrere rechtsgültige Instrumente in der Hand. Sie helfen bei der Verteidigung ihrer Territorien, die eine Fläche, 1,6 Mal so groß wie Österreich umspannen. Durch den Besitz der offiziellen Landtitel für 135.000 Quadratkilometer haben die Indigenen das Recht für eine nachhaltige Nutzung ihrer Siedlungsgebiete. 

„Wenn wir eine klimagerechte Welt anstreben, müssen wir es als unsere Pflicht ansehen, jene Menschen, die am stärksten von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind, dabei zu unterstützen, diese Folgen bestmöglich abzuwenden. Ein erster wichtiger Schritt hierzu ist es, zu begreifen, dass die globalen Folgen unseres Konsums in Form von Goldschürfen, illegalen Rodungen sowie ausgetrockneten oder überschwemmten Feldern lebensbedrohlich für andere Menschen sein können“, ist Eva Schobesberger überzeugt. 

Der Klimawandel wird für die Menschen am Amazonas zunehmend zur Bedrohung. Deswegen ist die Partnerschaft am Rio Negro heute wichtiger denn je. „Wir müssen als globale Gesellschaft anerkennen, welche wichtige Rolle Indigene Völker für den Erhalt unserer Biodiversität spielen und sie dafür mit den nötigen Rechten ausstatten. Dies kann nur durch internationale sowie nationale Unterstützung gelingen“, betont Norbert Rainer. „Mit unserer gelebten Partnerschaft am Rio Negro dienen wir international als Vorbild für gelebten Klimaschutz und Klimagerechtigkeit.“

Erste Schritte wurden bereits gesetzt. Kanada etwa bezahlt seine Indigene Bevölkerung nun für den Erhalt seiner historischen Wälder und auch in Brasilien steht dies zur Diskussion. Dieser Weg muss konsequent weitergegangen werden – für den Erhalt unserer aller Lebensgrundlage.

Eine aktuelle Publikation des Klimabündnis Kärnten bietet weitere Details zur Klimabündnis Partnerschaft mit dem Rio Negro: https://kaernten.klimabuendnis.at/angebote/mensch-macht-klima/ 

Text- und Fotoquelle: Stadt Linz

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